So könnte Ihre Paartherapie ablaufen …

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Ich beschreibe im Folgenden einen prototypischen Ablauf einer Paartherapie. In Ihrem Fall kann das natürlich auch anders ablaufen, denn die Arbeit folgt immer den individuellen Erfordernissen und keinem vorgegebenen Konzept.

Der erste Schritt: Sicheren Raum schaffen

Im ersten Schritt schaffe ich einen Raum, in dem sich beide Partner sicher fühlen und in dem sie sich nach und nach besser kennenlernen können. Ich staune immer wieder, wie viele Jahre man zusammen sein kann, ohne sich wirklich zu kennen. Aber sich wirklich zu begegnen, ist gar nicht so leicht. Gerade in dysfunktionalen Beziehungen liegt die Reizschwelle sehr niederig. Enttäuschung und Ärger sind allgegenwärtig und werden durch kleinste Auslöser aktiviert. Dann gehen wir in den reaktiven Modus. Ein evolutionär uralter Modus, der nur Kampf/Verteidigung oder Dichtmachen/Flucht kennt – auf physischer und/oder emotionaler Ebene. In der Paartherapie geht es erst einmal darum, beiden Partnern zu ermöglichen, in einen rezeptiven Modus zu kommen. Nur in diesem Modus sind Zuhören, Hinsehen, Wahrnehmen des Partners möglich. Hier liegt der Startpunkt für wirkliche Veränderung.

Der nächste Schritt: Beziehung verstehen

Der nächste Schritt ist: die Dynamik der Beziehung zu verstehen. Was passiert eigentlich, wenn wir uns streiten? Worum geht es wirklich? Warum verhalten wir uns so? Und wie sind wir an diesem Punkt gelandet?

Für das Erkennen und Verstehen nutzen wir die eine Hälfte unseres Kopfes – unseren Verstand (der durchaus nicht nutzlos ist, wie heute manchmal gerne propagiert wird). Ohne ein tieferes Verständnis der Beziehung, ihrer Dynamiken und Muster gibt es keine brauchbare Landkarte, um aus der Krise herauszukommen.

Der nächste Schritt: Lernen

“Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und zu erwarten, dass etwas anderes dabei raus kommt.” Ein sehr kluges Statement, das nicht von Albert Einstein stammt (auch wenn es ihm immer wieder zugescherieben wird), aber von ihm sein könnte.

Um die Beziehung zu verändern, müssen wir also etwas anderes machen, als wir bisher gemacht haben. Das ist wie bei einem Kuchen: wenn Sie andere Zutaten verwenden, wird es ein anderer Kuchen. Leider ist das in Beziehungen nicht so einfach wie beim Kuchenbacken, denn unser Beziehungs-Verhalten in Konflikten wird selten durch Wissen und Einsicht gesteuert, sondern von unserem emotionalen System, das eher ein Autopilot ist, der immer wieder das gleiche Verhaltensmuster produziert.

In diesem Schritt ist unsere andere Gehirnhälfte und vor allem unser autonom-emotionales System gefordert. Und das funktioniert komplett anders als der Verstand. Es braucht Zeit und viel Übung, um aus dem Gewohnten in andere Bahnen zu kommen.

Und genau dabei begleitet die Paartherapie. Anders als im medizinischen oder physiotherapeutischen Kontext ist die Paartherapie für die Klienten also ein aktiver Prozess, ein Prozess des Lernens. Wer das akzeptiert und sich darauf einläßt, wird eine substantielle Verbesserung seiner Beziehungskompetenz erleben, was früher oder später auch zu besseren Beziehungen führt.